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Infra-Leichtbeton Wohnhaus in Berlin Pankow
Dieses Wohnhaus wurde mit einem neu entwickelten speziellen wärmedämmenden Infraleichtbeton gebaut. Dadurch ist es möglich, auf eine zusätzliche Dämmschichten zu verzichten, und
den Beton als Tragwerk des Hauses unverkleidet zur Geltung kommen zu lassen.
Architekten: ARGE Clemens Bonnen und Amanda Schlaich, 2007.
Beteiligung bei Entwurf, Ausführungsplanung und Bauleitung.
Eine komplette Baubeschreibung finden Sie unten.
Unter folgendem link können Sie ein Modell dieses Hauses herunterladen und in Google Earth 3-dimensional betrachten:
Infraleichtbetonhaus bei der
Google 3D-Galerie
Alle Fotos © Lutz Artmann, Berlin. All rights reserved.
Baubeschreibung Infraleichtbetonhaus in Berlin-Pankow
von Lutz Artmann
Städtebauliche Situation:
Das Haus befindet sich in zentraler Lage in Berlin im ehemaligen Botschaftsviertel der DDR aus den 60er
Jahren. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen einige auch heute noch als Botschaften genutzte oder zu
Wohnzwecken umgenutzte Gebäude, die in DDR-Zeiten als dreigeschossige genormte Würfelbauten des
„Typ Pankow“ geplant wurden. Daneben sind in der letzten Zeit einige Wohn-Neubauten entstanden. In
diese Umgebung fügt sich das Haus mit seiner von der Straße zurückgesetzten Lage und umgebenden
Garten ein. Auch die Kubatur folgt in Ausmaßen und Höhe den Vorgaben der vorhandenen alten Bebauung.
Durch die Platzierung in der Mitte des Grundstücks entsteht ein offen einsehbarer Vorplatz und ein privater,
zurückgezogener Garten im hinteren nördlichen Bereich, der von hohen Bäumen und Sträuchern begrenzt
ist. Dieser Garten ist über eine – noch zu bauende- Terrasse mit kleiner Treppe vom Haus aus zugänglich.
Architektur:
Der kubische dreigeschossige Baukörper wird aus Betonwänden gebildet, die auf der Süd- und Nordseite
von großen Verglasungen durchbrochen sind. Durch das Zurücksetzten dieser großen Fensterflächen
gewinnt das Volumen an Plastizität. Die durch das Glas von außen sichtbaren raumhohen Vorhänge im
Inneren verleihen der Außenhaut eine Weichheit, die im Kontrast zur harten Betonoberfläche steht. Eine
reduzierte Farbpalette von grauem Sichtbeton, schwarzen Aluminium-Fensterprofilen, weißen Vorhängen
und silbernen Jalousien geben dem Haus dabei eine einfache Klarheit.
Vom Vorplatz aus gelangt man über eine flache Betontreppe zur Eingangstür an der Schmalseite des
Hauses. Von dort aus öffnet sich eine auf ein hohes Fenster zielende lange „Himmelstreppe“, die mit ihren
beiden Läufen den ganzen Grundriss durchzieht und symmetrisch in zwei Hälften teilt. Auch im Inneren
dominieren sichtbare Betonoberflächen, allerdings ergänzt von geschliffenem schwarzen Gussasphaltboden
im Erdgeschoss, dunklem Parkett in den Obergeschossen und einigen weißen Trennwänden und gelben
Schrankeinbauten.
Das Wohnzimmer im Erdgeschoss liegt zwischen großen verglasten Wänden und ist zweigeschossig. Der
Aus- und Durchblick auf beiden Seiten lässt vermuten, man säße hier im Freien. Unter der Decke verläuft
der obere Treppenlauf ohne Seitenwände wie eine schräge Brücke. In der Küche kann der Bauherr, wie er
es sich wünschte, mit Panoramablick in den Garten kochen. Die beiden Kinderzimmer für die Söhne liegen
im ersten Stock eigentlich wie auf dem Zwischenpodest der Treppe. Sie sind über ein gemeinsames Bad
miteinander verbunden. Das oberste Geschoss kann wie ein Loft beliebig unterteilt werden, um Arbeits-
Gäste- und Schlafzimmer zu bilden. Der Blick fällt von hier oben durch die raumhohe Verglasung ohne
störende Geländer in die Wipfel der Bäume im Garten und in den weiten Himmel.
Der geschlossenen äußeren Form steht somit eine innere räumliche Vielfalt gegenüber. Der stark
symmetrische Grundriss korrespondiert mit dem differenzierten Vertikalschnitt.
Bautechnik und Konstruktion, Infra-Leichtbeton:
Das Wohnhaus wurde über einem Keller als wasserdichter „weißer Wanne“ errichtet. Die darüber liegenden
inneren Wände und Stützen sind in Stahlbeton als Sichtbeton ausgeführt, ebenso die unverputzt gelassenen
Geschossdecken. Für die Dachdecke ergaben sich Spannweiten von bis zu 5.30m, die sich über den
Stahlbetonstützen von 20 x 20 cm bilden. Alle Betonbauteile wurden als Ortbeton nach vorgegebenem
Schalungsaufbau gebaut. Das Fugenraster der Betonwände zieht sich im gesamten Haus außen und innen
sowie an den Decken durch.
Eine Besonderheit beim Bau des Hauses war die Verwendung eines speziell für dieses Vorhaben
hergestellten sogenannten Infra-Leichtbetons. Dieser Baustoff wurde am Institut für Massivbau der TU Berlin
unter Leitung des Bauherrn entwickelt. Er zeichnet sich besonders durch zwei spezielle Eigenschaften aus:
die geringe Wärmeleitfähigkeit und der gleichzeitig erzielten, für Leichtbeton relativ hohen Druckfestigkeit.
Durch die Zugabe von Blähtonkügelchen sowie anderer Zuschlagstoffe, u. a. eines Luftporenbildners konnte
ein Beton hergestellt werden, der bei einer Rohdichte von unter 800 kg/m³ eine Wärmeleitfähigkeit von
Lambda = 0,181W/mK erreicht. Die Würfeldruckfestigkeit liegt bei 7,0 N/mm². Der für Beton außerordentliche
Wärmedämmwert sollte bei der vor- Ort Ausführung nicht durch die Verwendung von konventioneller
(wärmeleitender) Stahlbewehrung vermindert werden, die zudem korrosionsgefährdet gewesen wäre. Es
wurde daher lediglich eine Rissbewehrung aus Glasfaserstäben eingesetzt. Zum Feuchtigkeitsschutz wurde
eine unsichtbare Hydrophobierungsbeschichtung aufgetragen. Auch dazu wurden Versuch an der TU Berlin
durchgeführt.
Somit wurde mit den 50cm starken Außenwänden ein U-Wert von 0,341 W/m²K erreicht, der einen Verzicht
auf zusätzliche wärmedämmende Schichten aus Fasern oder Hartschäumen auf den Wandoberflächen
erlaubte. Besonders deutlich wird dies bei dem vorgestellten Haus im Bereich des Anschlusses der
zurückgesetzten Glaswand an die Außenwände aus Infra-Leichbeton. Die Verglasung stößt stumpf an die
Wandfläche, die ohne Versatz und ohne Verputz von außen nach innen durchläuft. In Bereichen, wo die aus
„Normalbeton“ hergestellten Decken in die Infra-Leichtbetonwände zur Auflagerung eingreifen, wurde ein
Streifen Glasschaumdämmung eingelegt, der die Reduzierung des wärmedämmenden Leichtbeton-
Querschnitts ausgleicht. Die Decken lagern zudem auf Moosgummistreifen auf den Außenwänden, da sie
nicht in Infra-Leichtbetonwände eingespannt werden können.
Zusammenfassung:
Mit Infra-Leichtbeton ist es möglich, massive Gebäude zu errichten, die ihr Tragwerk wieder unverkleidet
zeigen. Der in jüngster Zeit wieder viel diskutierte „Bauschmuck“ als appliziertes Ornament in Reaktion auf
die Notwendigkeit einer Fassadenverkleidung ist hier überflüssig. Das tragende Material selbst kann wieder
gestaltet werden und verweist damit zurück auf die überlieferte massive Bauweise, deren kräftiger Ausdruck
nicht nur vorgeblendet war.
Das Wohnhaus in Pankow ist ein Versuch, diese Materialität in einer modernen Form wieder zu erreichen.
Bauherr: Familie Schlaich
Architekten: ARGE Clemens Bonnen und Amanda Schlaich
Mitarbeit: Lutz Artmann
Bauingenieur: Mike Schlaich, Lars Werner
Betonentwicklung: TU Berlin, Institut für Massivbau
Lage: Berlin-Pankow
Wohnfläche: 261 m²
Fertigstellung: Juli 2007
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